Inzwischen stimmt an meinem Wecker alles, der zarte, in angenehmen Bögen langsam abfallende gefällige und absolut unaufdringliche Melodiebogen, die zurückgehaltene Lautstärke, es ist schon fast eine Leistestärke oder Lautschwäche. Deshalb ist mein Wecker längst nicht mehr ein Feind, wie meine Wecker das früher oft waren, sondern ein Freund, der mich liebevoll in den Morgen holt. «Nur weil du’s bist», sage ich manchmal, wenn er zu musizieren anfängt, «nur weil du es bist, stehe ich jetzt auf». Streichle ihn einmal – und weg sind die Töne. Ruhe kehrt ein und Stille in den Erinnerungen. Auch sie sind auf sanfte Weise weggestrichen. An meinem unsicheren Gang und am zerlegenen Gesicht, auf das ich ungeschickt meine Brille aufsetze, ist zu erkennen, dass das wilde Traumleben, das bis gerade eben noch in mir brandete wie ein aufgewühltes Meer, ganz nah und in unmittelbarer Nähe ist, doch ich sehe es nicht mehr, höre nichts mehr von ihm und weiß nichts mehr über den Strand und das Fantasieland, wo sich ein anderes Leben mit mir in der Hauptrolle abspielt.
Das ist der Preis, den ich für die Sanftheit meines Weckers bezahle. Das wünschte ich manchmal anders. Doch das Schöne an seinen bezaubernden Klängen ist, dass ich abends gern einschlafe und schnell in jene Welt verschwinde, aus der ich morgens – manchmal restlos erschüttert – wieder erstehe…
Mit Gruß