Sie schreien danach, gesehen und wertgeschätzt zu werden, die Äpfel auf den Brachwiesen, in Gärten, am Straßenrand. Doch sie werden nicht gesehen und nicht geschätzt von uns, von uns in Hessen jedenfalls nicht, da glasen hunderte Tonnen in die Minusgrade des Spätherbst hinein, erfrieden und bleiben im Erfrierungszustand manchmal bis im nächsten Frühling wie Erdrosselte an den Bäumen hängen.
Gesehen werden nur die an Spalieren und in strenger Zucht künstlich aufgezogenen und künstlich am Leben erhaltenen Äpfel aus den Plantagen. Sie bekommen unser Lächeln, selbst wenn sie unter der Klarsichtfolie im Warenhaus eine schlechte Partie zu sein scheinen. Doch die Werbung macht sie uns dennoch schmackhaft, siehe den glänzenden Apfel am Mund der Holden:
Nicht nur sie lacht über das Glück, in einen Apfel zu beißen, auch Jane McGonigal, die Autorin von Broken Reality lacht. Sie ist nämlich überzeugt, dass die Kunstwelt die Realität um ein Vielfaches an Perfektion, Schönheit und Zauber überbiete. Die Wirklichkeit der vor uns in den Tod stürzenden oder als Tote an den Bäumen hängen gelassenen Äpfeln scheint McGonigal rcht zu geben.
Wie war das mit dem beschränkten Älpler zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, als ihm jemand im Dorf sagte: «Oh, jetzt kommt ein Krieg, da werden wir dann gucken, wo wir die Kartoffeln herholen.» Er fühlte sich nicht bedroht und meinte: «Ja, das ist für mich kein Problem, ich hole die Kartoffeln bei uns im Laden.»
Die meisten sehen auch nur im Laden, dass es Äpfel gibt, auch hier in Hessen, wo die Apfelbäume zur Zeit fast in die Knie gehen vor der Fülle ihrer Äpfel (von denen keiner eine Karriere bis in den Laden macht).