Ahnungslos

Früher bei der Lektüre von Büchern von Konrad Lorenz dachte ich, wie dumm können so kluge Leute über unsere Vorfahren reden. Lorenz imaginierte immer wieder, wie die Jäger und Sammler angstgetrieben in Höhlen kauerten und vor ihren Feinden davonliefen und dergleichen Bilder. Er tat so, als wüsste er Bescheid. Doch seine Darstellungen waren wie Kinderfantasien. 

Mir kommt es so vor, dass wir peinlich wenig über die Vergangenheit wissen. Schon die jüngste Vergangenheit ist uns ein Rätsel mit sieben Siegeln. Oder weiß jemand, wie sich Goethe den Hintern putzte? Oder seit wann es Zahnpflege gibt? Oder eine schmerzlose Abtreibung, gibt es die erst seit der modernen Medizin? Oder konnten sie das früher vielleicht sogar besser? Wie wurden, als es noch keine Waschmaschinen und keine Bleichmittel gab, schmutzige Kleider sauber gemacht?

Ich bin begeistert von Paul Feyerabend, der mindestens so gescheit war wie Konrad Lorenz, jedoch ein ganz anderes Bild von der Vergangenheit zeichnete. Feyerabend war überzeugt, dass uralte Kulturen durch das Band klüger waren als die modernen Zivilisationen. Und so erzählte uns Feyerabend bei seinen Vorlesungen an der ETH Zürich vor vierzig Jahren, dass Menschen schon vor Jahrtausenden die Hinterseite des Mondes beschrieben hätten (sie haben wohl genau das beschrieben, was im 20. Jh. dann durch Fotos erhärtet wurde). 

Früher wussten die Menschen auch, in welchen Farben welche Engel bekleidet sind und dass es für weiße Engelkleider verschiedene Weißabtönungen gibt. Heute wissen das nur noch ein paar hellsichtige Frauen und Mädchen. Sie werden nicht als Hexen verbrannt – ein Lob auf den Fortschritt –, aber sie werden lächerlich gemacht und als Spinnerinnen abgekanzelt. 

Heute ist es fast flächendeckend sogar so geworden, dass du als Spinner abgetan wirst, wenn du behauptest, der Mensch sei als geistiges Wesen auf der Erde, um dort – als geistiges Wesen notabene – bestimmte Erfahrungen zu machen.

Gruß in den Äther, herzlich