Ob in der psychologischen Beratung oder der Spruch auf meinem Teebeutel, überall kriege ich um die Ohren gehauen, es gehe um die Gestaltung des JETZT. – Du hast nur das JETZT, alles andere ist nicht mehr oder noch nicht gestaltbar. Die Vergangenheit kannst du sowieso nicht mehr verändern, und die Zukunft liegt vor uns, es gibt sie noch nicht. Also gib dich dem JETZT hin, ganz und ohne zurückzuschauen oder nach vorne zu planen.
Das Carpe diem, das der römische Dichter Horaz vor über 2000 Jahren in die Welt gesetzt hat, ist heute nicht immer noch, sondern immer mehr in aller Leute Munde.
Ich beschäftige mich viel mit meiner Vergangenheit. Und mache innerlich große Würfe in die Zukunft. Das lasse ich mir von keinem Gegenwartsfantiker und keiner JETZTfetischistin nehmen. Meiner Lebensmaxime (ich habe keine solche 😉) nach sollten wir die Vergangenheit erst dann hinter uns lassen, wenn sie einen solchen Raum in unserem Leben eingenommen hat, dass wir mit allem, was in der Vergangenheit war oder nicht war, in Resonanz sind. Und was die Zukunft betrifft: Ist es nicht überaus sinnvoll, alle Szenarien, die mich in der Zukunft beglücken oder vernichten können, im Vorhinein gründlich zu meditieren?
Mein Umgang mit den Zeiten ist so: ich setze mich am Waldrand in eine grüne Wiese und atme so lange tief durch, bis ich ganz ruhig bin. Ich lasse bei geschlossenen Augen die ganze Vergangenheit bis zum Platzen groß werden. Als wäre sie ein riesiger Luftballon, den ich aufblase. Und ich male mir gleichzeitig die Zukunft vor und lasse auch die bis zum Platzen groß in mir werden.
Dann lasse ich gleichzeitig die ganze Luft aus dem Ballon der Vergangenheit und aus dem der Zukunft. Ich öffne die Augen und die losgelassenen Ströme fließen ein in das JETZT.