Ultra

Das war natürlich kein Weichei, dieses Laufwunder, das nach der Schlacht von Marathon zwischen Persern und Athenern 490 vor Christus losrannte ins knapp 40 Kilometer entfernte Athen, um zu verkünden, dass der Feldherr Miltiades mit den Athenern gesiegt habe. Genau genommen soll er nur noch νενικήκαμεν (transkribiert: nenikékamen) „Wir haben gesiegt“ gerufen haben, um im Anschluss an diese Worte tot zusammenzubrechen.

Vielleicht war er ja schneller gerannt als die heutigen Marathonläufer, immerhin brechen die ja nicht gleich tot zusammen, wenn sie am Ziel angekommen sind, sie geben nicht wie er das Leben hin.

Doch wenn wir nun schon beim Vergleichen angekommen sind: Was ist denn ein Marathon oder gar die Strecke des damaligen Läufers, die noch unter 40 Kilimeter war, gegen Strecken, die Athleten heute rennen, auch Athletinnen.

Zur Zeit wird versucht, die 100-Kilometer-Rekordmarke des Japaners Nao Kazami unter die Sechstundengrenze zu drücken. Das wird schwer sein, aber es ist nicht unmöglich. Vielleicht wird Kazami selbst derjenige sein, der es als erster schafft.

Dennoch, was ist sein Weltrekord gegen die über dreihundert Kilometer, die der Grieche Yiannis Kouros 1997 bei einem 24-Stundenrennen lief, wieder ein Grieche, er hätte damals als Meldeläufer aus der Schlacht von Marathon schier beliebig oft zwischen dem Schlachtfeld und der Stadt Athen hin und her rennen können, mindestens achtmal hintereinander ohne Pause, und er lebt trotzdem noch.

Sind die heutigen Athleten also leistungsstärker als die von damals? Vermutlich nicht. Wir sollten nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen und schon gar nicht Menschenkörper von heute mit solchen von vor zweieinhalb tausend Jahren. Wir sollen überhaupt nicht vergleichen, meinte Marshall Rosenberg, oder wir sollten es, wenn wir Chaos schaffen und unglücklich werden wollen.

Ein Loblied auf den Läufer von Marathon, auch wenn er heute vermutlich unter den Dilettanten laufen und mit den Profis an des Spitze nichts mehr zu tun haben würde, äh, schon wieder habe ich etwas verglichen, was nicht zu vergleichen ist. Wie komme ich überhaupt auf diese Idee. Mir ist doch auch noch nie in den Sinn gekommen, den großen Achilles mit irgendjemand anderem zu vergleichen, wozu und wieso auch, etwa um rauszufinden, ob er mit heutige Hooligans beim Dreinschlagen und Draufhauen mithalten könnte? Eigentlich keine schlechte Frage, ich glaube er könnte, aber Vorsicht: Marshall Rosenberg lässt grüßen, wir sollten es nicht tun, das Vergleichen endet im Barbarismus.