Rumi (1207-1273) Begründer des Sufismus
Gestern traf ich bei einem Sommerfest auf dem Land einen jungen Sufi mit leuchtenden Augen. Wir wechselten vielleicht drei Worte und schon fragte er mich, der ich mit ihm Hochdeutsch sprach – mein Hochdeutsch 🙃 –, ob ich aus der Schweiz komme. Ich sage in solchen Fällen dann gern im Scherz: «Nein, ich komme aus Kassel, warum?»
Wie auch immer, er meinte, es sei komisch, in D einen Schweizer anzutreffen, meist würden doch eher Deutsche in die Schweiz gehen und nicht umgekehrt.
Ich sagte, ich würde die CH lieben und sei jedes Jahr so oft wie möglich dort, doch ich sei auch jedesmal erleichtert, wenn ich heimwärts über die Grenze führe und wieder in D sei.
Als der strahlende Sufi WARUM fragte, sagte ich, mir komme das Leben in der CH manchmal so vor wie eine Art Disneyland hinter einem Schleier, so, als wäre das 20. Jahrhundert unbemerkt an diesem Land vorbeigegangen, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.
Ohne einen Moment zu überlegen sagte er, das werde im 21. Jahrhundert aber anders laufen, wenn es wieder knallen würde.
Nun war ich an der Reihe und fragte meinerseits WARUM.
Um das Erstaunliche in der Antwort des jungen Sufi herauszuhören, muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass der Sufismus, dem der Mann angehört, eine extrem friedliebende und Frieden praktizierende Strömung des spirituell oder mystisch ausgerichteten Islam ist.
Die mich in Erstaunen versetzende Antwort war: «Das wird nicht mehr so kommen, denn wenn es auf der Welt wieder knallt, dann wird es auch in der Schweiz knallen.»
Ich muss sagen, für einen Moment wollte ich die CH in Schutz nehmen. Der Mann hat ja keine Ahnung, was die Schweiz ist, dachte ich einen Moment, doch er war mir weiterhin sympathisch.
Übrigens käme ich keinen Moment auf den Gedanken, zwischen seiner Aussage und der spirituellen Strömung, der er angehört, eine Dissonanz herauszuhören.
WARUM nicht? – Weil ich zur Zeit massenweise die friedliebendsten Leute, vor allem Christen, in einem Ton vom Sinn des Kriegs reden höre, als gäbe es sie nicht, diese immer weiter auseinanderdriftende Schere zwischen Liebe und Hass.