Er glaube den Politikern kein Wort mehr, sagte der Mann, der heute im milden Herbstlicht am übernächsten Haus bei den Nachbarn an einem Samstag friedlich pfeifend das Gartentor auf Vordermann brachte. Er hatte alles geschliffen und war gerade dabei, das Tor und die Einhängung schwarz zu streichen, mit großer Ruhe und ebenso großer Sorgfalt.
Er grüßte und strahlte, ich grüßte zurück. Er fragte lächelnd, ob ich aus Bayern sei, wegen der Sprache. Aus der Schweiz, Und Sie?, fragte ich. Er erzählte, dass er in Marokko aufgewachsen sei (er sah aus wie ein braungebrannter Italiener), Muttersprache Arabisch, Schulsprache Französisch, dann noch Spanisch und weil er schon so lange schon in Kassel lebe: Deutsch. Der Mann machte mirs leicht, das Gespräch war angenehm, er beherrschte die Anstandsregeln, die wir unter erwachsenen Menschen miteinander pflegen, und sprach die gleiche Sprache, die ich auch einigermaßen spreche. Schön, so weit, alles.
Nicht schön, dass er seit zwei Jahren seine Verwandten in Frankreich nicht mehr gesehen habe und seine Familie in Marokko auch nicht. Und nicht schön, dass seine zwei Kinder, Schulkinder in Kassel, seit eineinhalb Jahren viel Angst hätten und sich nicht mehr recht auskennen würden im Leben. Auch er selbst verstehe die Welt nicht mehr. Nur in einem sei er sich sicher: Er glaube den Politikern kein Wort mehr.
Das sollten sich Politikerinnen und Politiker merken und sie sollten das Gespräch suchen, wenn die Spatzen von den Dächern solche Kommentare geben. Stattdessen fühlen sich Politikerinnen und Politiker als Adler, Falken oder Friedenstauben, nur leider nicht als Spatzen und anderen Spatzen, lustigen und zur Zeit weniger lustigen. Klar, die Spatzen können ihnen nicht mehr so recht in die Karten schauen, wenn sie gewählt sind, können nicht mehr recht gegenhalten. Das gibt vermeintlich Sicherheit. Aber deshalb dürften gute Politikerinnen und Politiker nicht übermütig werden. Wie die Ratten, haben auch die Spatzen einen ausgeprägten Überlebensinstinkt, sie sind noch lange im Geschäft, während es Politikerinnen und Politiker manchmal von heut auf morgen aus der Kurve katapultiert.
Sprecht ruhig mit ihnen! Und wenn euch die Spatzen nicht mehr glauben, nützt es nichts, wenn mit Kanonen auf sie geschossen wird, die treffen sie einfach nicht.
Und somit komme ich zum Abschluss und zur würdigen Auslegung meiner Parabel: Ändert den Sinn! Hört auf die Spatzen, wenn sie sagen, sie würden euch nicht mehr glauben.