Denken à la Henriette

«Im Denken bestimme ich,» sagte der Mann, dessen Bücher ich nicht für Produkte fortgeschrittenen Denkens halte. «Ich bestimme und nicht die äußere Welt, beispielsweise ein Virus,» präzisierte er seinen Schmonzes.

Was er dann noch sagte, war mir etwas zugänglicher, wenn es auch immer noch leicht suspekt daherkommt: «Vielleicht geht es nicht ohne Katastrophen, ich weiß es nicht, aber die Katastrophen sollten sich im Denken abspielen!»

Auch ohne das Gehirn als Schaltplatz neuronaler Vernetzungen anzusehen, die uns steuern und mit der Vorstellung täuschen, wir wären die Ingenieure unseres Denkens, muss ich zur Vorsichtstafel greifen, auf der geschrieben steht: «Was du zu denken glaubst, ist noch lange nicht dein Denken!»

Ist es wirklich nicht, denn fast alles, was du den lieben langen Tag denkst, ist downgeloadetes Zeug, das durch dein Gehirn wallt wie der Westwind durch den Wald oder über eine ins Kraut geschossene Wiese.

Sollte mir jemand mit dem Vorwurf kommen, diese Zeilen seien doch wohl ebenfalls downgeloadetes Zeug, kann ich nur mit «Bingo» antworten. Ok, dass ich diese Downloads nicht als neuronale oder durch Algorithmen gesteuerte elektrische Kleinstfeuer beschreibe, sondern zu Bildern wie dem windgestreichelten Wald oder einer verwilderten Wiese greife, könnte als Hauch anfänglicher Originalität gewertet werden, doch ist es deshalb ein Denken, bei dem ich und ich allein bestimme? Eher doch wohl nicht.

Oder doch? Ist der kleinste Versuch, von vorgegebenen Bahnen abzuweichen, schon der Aufbruch in die Denkfreiheit? Vielleicht ist er das! Vielleicht ist es wie mit der Henriette Bimmelbahn, dieser Eisenbahn im Bilderbuch, die eines Tages die Schnauze voll hatte, immer die gleichen Bahnen abzufahren. Sie verließ das Schienennetz und plötzlich war ihr Leben voller neuer Erlebnisse und Freuden, voll mit ungeahnten Erfahrungen und schlichtweg eine Lust. Keine Rede von Katastrophe und so. Obwohl eine Eisenbahn, war Henriette Bimmelbahn plötzlich auf Du und Du mit einer Kuh.

 

 

Also ab in die Pampa wie die lustige Henriette. Runter von den Schienen, egal wie selbstbestimmt mein Denken dadurch wird oder nicht.

Herzlich.