Graureiher wirken verstockt wie nur etwas. Als hätten sie eine Stecken verschluckt. Und als würden sie gar nichts zu sich nehmen. Magersüchtige Erscheinungen, bleich, leblos, grau in grau.
Und vor allem tun sie nichts, stehen unsichtbar an Böschungen, auf Feldern, am Wasser. Kriegen, wenn man so zu ihnen hinschaut, kein Bein vors andere. Misanthropische Philosophen mit skoliotischen Schultern, alles missmutige Schopenhauers, irgendwie antriebslos.
So wirken sie, wenn ich mit leicht anthropomorphem Blick auf sie schaue. Doch das sollte ich nicht. Je nach Tageszeit machen sie einen ganz anderen Eindruck, einen richtig beeindruckenden nämlich. Wie die ihr Gefieder beieinander haben, wenn sie abheben und sich kräftig in die Luft erheben! Wie die ihren Bauch voll bekommen, mit welcher Geduld sie der Nahrung harren, auch der kleinsten, wie sicher sie im Leben stehen und wie unscheinbar zurückhaltend ihre Farben und ihre Zeichnung, eine faszinierende Zeichnung. So schön und archaisch alles, so erfolgreich, was das Überleben auf schmalem Felde betrifft – und bei längerem Hinschauen das Gefühl: Sie machen genau alles richtig.