Trennung

Gestern war ich im Auto in der Stadt auf der zweiten Spur und wurde rechts von einem rasanten Motorradfahrer überholt, rote Trialmaschine, junger Mann, cooles Outfit. Was ich dachte, als ich knapp mitbekam, wie er rechts überholte, wiederhole ich hier nicht.

Heute morgen stand ich gedankenversunken am Spülbecken. Berenike reichte mir mit der rechten Hand etwas, das ich suchte, und stubste mich gleichzeitig mit der Linken leicht an, um freundlich und liebevoll meine Aufmerksamkeit auf das Fläschchen zu lenken. Ich sah das Fläschchen nicht und sagte stattdessen nur: «Lass mich!»

Dass wir im Autoverkehr im Modus der Trennung unterwegs sind, ist verständlich. Jedenfalls glauben wir, es sei verständlich. Trennung gibt Schutz. Antipathisches Verhalten hält andere Verkehrsteilnehmer auf Distanz. Doch diese Haltung ist ein Fluch, sie setzt sich nämlich in dir fest und überträgt sich auf Bereiche, wo keine Trennung sein müsste. Wer kennt das nicht?! Die Folge davon ist, dass viele Situationen aus dem Leben falsch gewertet und im Modus der Trennung abgehandelt (abgekanzelt) werden, siehe meine Reaktion auf die Darreichung heute morgen.

Also, geh‘ verbunden aufs Fahrrad, auf dein Motorrad, ins Auto. Interessier‘ dich für den Verkehr um dich herum. Studier‘ die anderen wie dich selbst, freu‘ dich an den tausend verschiedenen Fortbewegungsarten der Leute im Straßenverkehr. Keine und keiner von ihnen hat die Absicht, dir deine primären Lebensbedürfnisse zu beschneiden, niemand hat heute vor, dich über den Haufen zu fahren. Die nötige Vorsicht zueinander ist auch dann gegeben, wenn wir in der Bezogenheit unterwegs sind.

Je mehr Bezogenheit im Alltag, umso weniger falsche Reaktionen. Je mehr Sonnenschein in dir drinnen, umso schöner das Wetter um dich herum.