«Die Wahrheit währt ewig», lese ich auf dem Zettelchen am einen Ende des Fadens, an dessen anderem Ende ich den Teebeutel ins kochende Wasser gleiten lasse.
Der Satz ist wie eine kleine doppelte Lüge. Die Hersteller des Teebeutels sehen das anders, sie haben die vier Worte aus einer Sammlung mit esoterischen Weisheiten gefischt und wollen ihre Kunden bilden. Doch was sie da als Fang in ihrem Netz glauben, ist durch die Maschen entwischt, bevor das Geheimnis gelüftet wäre.
Denn was ist die ‹Wahrheit›? Sie ist ein Geschehen, dem wir uns nur durch Verneinung oder Infragestellung annähern können.
Ebenso die ‹Ewigkeit›, auch sie lässt uns nur ein klein wenig hinter ihren Schleier blicken, indem wir alles Zeitliche verneinen oder in Frage stellen.
Das Leben, unser wundersames Leben nährt sich nicht vom Busen der Wahrheit, wie sehr es ihr auch verpflichtet sein mag. Und das Unendliche erscheint uns stets nur innerhalb der Grenzen unserer Endlichkeit.
Das hält uns wach und suchend, das macht uns lebendig und dankbar. Der Satz, dass die Wahrheit ewig währe, erhöht die Gegenwärtigkeit meines Lebens und die der nie sich je enthüllenden Wahrheit.
Der Tee hat nun genügend gezogen. Das Leben hat uns wieder.
Herzlich