«Ein Buch ist ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinguckt, so kann freilich kein Apostel heraussehen», sagte der für seine scharfen Sprüche bekannte Lichtenberg einmal.
Lichtenberg trifft die Sache auf den Nagel, sagen versierte Bücherleser erfreut. Ein Affe bleibt ein Affe. Und wenn sich ein solcher hinter Bücher klemmt, kommt nichts Gescheites raus. Lichtenberg hat noch viele andere Wahrheiten ans Tageslicht befördert. Die Wahrheit mit den lesenden Affen begegnet uns alle Tage und Stunden.
So weit so gut. Das Problem ist nicht die Frage, was mit Affen geschieht, wenn sie versuchen Bücher zu lesen. Dass das keine Früchte trägt, liegt auf der Hand. Sind Affen doch auch nicht dazu auf der Welt, um die Gescheitheiten der Menschen, die sie in Büchern unterzubringen pflegen, zu studieren und ihr Leben danach auszurichten. Affen sind wunderbare Lebewesen und können uns auf vielen anderen Gebieten, wenn auch nicht gerade bei Büchern, viel beibringen. Das Problem ist die Frage, wer von uns bereit ist, die Nagelprobe mit sich selbst zu machen? Dass es viele so genannte Affen oder Idioten im Umgang mit Büchern gibt, ist klar, doch was ist, wenn ich vielleicht selbst einer dieser Affen bin?!
Ein Beispiel: Konrad Lorenz, der berühmte Verhaltensforscher mit den Enten und den vielen anderen Tieren, mit denen er zusammenlebte, Lorenz, zu seiner Zeit einer der gescheitesten Menschen auf der ganzen Welt, schrieb nicht nur über die Biologie, wo er sich auskannte, sondern beispielsweise auch über die Philosophie, von der er keine blasse Ahnung hatte. So schrieb er zum Beispiel ein Buch über Friedrich Nietzsche. Da muss ich sagen, da haben nicht nur Affen reingeguckt, das hat sogar ein Affe geschrieben. Lorenz meinte, nur weil er auf einem Wissenschaftsgebiet schreiben konnte, auch auf allen anderen Gebieten schreiben zu können. Das war eine gravierende Fehleinschätzung.
Nun kann ich sagen, ja ja, Konrad Lorenz war eine Null mit seinem Buch über Nietzsche. Ich könnte aber auch sagen, der Mann war Professor mit zwei Doktortiteln und einem Nobelpreis. Mit einem solchen Kaliber kann ich nicht mithalten. In der Folge dieser Selbsterkenntnis könnte die nächste Frage gestellt werden: Ist bei mir, der ich noch nicht einmal ein Konrad Lorenz bin, vielleicht alles, was ich schreibe, für die Katz beziehungsweise Affen?! Das könnte doch sein. Es könnte so schlimm um mich stehen, dass ich nicht nur wie ein Affe in andere Bücher gucke, es könnte noch viel schlimmer sein, nämlich so, dass alles, was ich so den lieben langen Tag verzapfe, alle meine Notizen, Einsichten und anderen empfundenen Wichtigkeiten in Wahrheit Nichtigkeiten sind. Das könnte nicht nur sein, das ist mit großer Wahrhscheinlichkeit sogar so! Wäre es anders, wäre auch die Menschheit an einem anderen Punkt.
Entschuldigung, nur durch solche Fragen und Ahnungen kommen Affen wie du und ich, die wir, im Gegensatz zu den Affen in der Natur, so richtige Affen sind, einen Schritt weiter. Ob es erstrebenswert ist, ein Apostel zu werden, wäre noch eine andere Frage, aber der Beginn der Selbsterkenntnis beginnt beim Spruch von Lichtenberg doch wohl da, wo ich nicht in den anderen die Affen sehe, sondern erst frage, ob ich nicht selber einer bin.
Gutes Gelingen beim Klären dieser Frage, herzlich