Angenommen

Das «Annehmen» kann niemand für mich übernehmen. Diese Feststellung ist Freude und Erschrecken zugleich. Die Freude an der Kunst des Annehmens ist die Erkenntnis, dass ich positiv aktiv bei diesem Prozess sein muss.

Seit einigen Jahren bin ich damit beschäftigt, das Altwerden anzunehmen. Das Thema hat in meinem Leben schon früh angeklopft, schon am Tor der Goldenen Kindheit. Ich sehe mich noch als Kind unter diesem Tor stehen und staunen und ahnen, denn ich ahnte damals, dass ich irgendwann nicht mehr im hellen Licht dieses Lebensgefühls, nicht mehr unter dem goltenen Torbogen der geborgenen Kindheit stehen würde. Schon damals ging das Altwerden los, doch inzwischen ist die Frage ganz konkret und umfassend, wie ich mein Leben annehmen kann, das nun endgültig auf das Alter zugeht.

Wenn ich im Freundeskreis alten, dem Zerfall ausgesetzten Frauen begegne (vor meinem inneren Auge treten gleich zwei auf, die unter Osteoporose große Schmerzen erleiden) und wenn ich von ihnen dann gesagt bekomme, Altwerden sei keine nichts für Feiglinge, dann habe ich ein Bild, eins von vielen, das mir offenbart, wie schwer das Annehmen eines Lebensumstands sein kann.

Dennoch und gerade deshalb ist beim Prozess des Annehmens neben dem Schmerz auch die Freude. Dies deshalb, weil ich dadurch, dass ich etwas annehme, akzeptiere, aktiv in etwas Neues hineinwachse.

Wieviel ich als Mensch noch annehmen muss, weil wir ale Menschen einen solchen Wahnsinn täglich und stündlich produzieren, das ist eine Frage der Schreckensbilanz, mit der ich ein Auskommen finden muss. Dennoch ist es so, dass ich, je mehr Schweres ich anzunehmen bereit und fähig bin, umso mehr Gestaltungskraft über mein Leben gewinne – und das ist dann ein Lesen im Buch meiner Freude.

Herzlich