Chaostheorie und Denken

Die Chaosforschung geht in aller Regel von der Physik aus. Physiker haben schwerpunktmäßig mit der Erforschung der Materie zu tun. Gleichzeitig gilt für viele zeritgenössische Physiker, dass sie eine Affinität zum Spirituellen haben. So ist es nicht erstaunlich, wenn ich die sonst auf die Physik beschränkte Chaostheorie hier für einmal auf das Geistige erweitere, das entspricht durchaus den Intentionen namhafter Physiker.

Das gängige Bild für das, was wir uns unter dem vorstellen können, was die Chaostheorie beschreibt, ist der Flügelschlag eines Schmetterlings in Kanada, der in China einen Wirbelsturm auslösen kann, oder umgekehrt. Feinste, vorerst nicht messbare, Stoffbewegungen vermögen, aus der homöopatisch gedünnten Ausgangssituation hochgerechnet in erste Sichtbarkeit und von dort weitergerechnet in unübersehbar manifeste Wirkungen bis hinauf zu mächtigen physikalischen Erscheinungen, die als Wirbelstürme und dergleichen über die Erde fegen und Materie bewegen, wie dies menschengemachte Maschinen niemals können, und seien sie noch so groß, in ihrem Wirkzusammenhang die Welt zu verändern, wie dies der sanfte Flägelschlag eines Schmetterlings im ersten Moment niemals für denkbar erscheinen ließe.

Allein schon deshalb, weil Materie niemals ohne Geist ist, gilt das gleiche Gesetz also auch für die Gedanken. Das Bild könnte dann, wenn ich es nicht gleich mit Wirbelstürmen vergleichen will, so aussehen, dass ein Frohgedanke von mir jetzt hier in Kassel, bei einem Menschen am Bodensee, leicht zeitlich nach hinten versetzt, ein helles Lächeln bewirkt. Oder ein unangenehmer, hinterhältiger, missgünstiger Gedanke irgendwo in Frankreich von einem Menschen unbedacht gedacht, oder in England, Bulgarien, Island, egal wo, könnte in Taiwan, oder Indonesien oder Mexiko, zur Folge haben, dass ein Mensch einem anderen Menschen ohne wirklichen Grund eine runterhaut.

Neben dem Effekt, den dieser Gedanke hat, dass ich nämlich die wildesten und verwegensten, letztlich belustigenden Szenarien mir ausmale zu diesem Thema, hat die Chaorstheorie, auf das Gedankliche ausgedehnt, auch den Effekt, dass ich mir einer Verantwortung bewusst werde, die nicht größer gedacht werden kann als der größte Gedanke. Gott ist das, gegenüber dem Größeres nicht gedacht werden kann, das ist die Grunddenkbewegung des sogenannten ‹Ontologischen Gottesbeweises›, der die Existenz Gottes vom Denken her ableiten will und der seit etwa zeitausend Jahren die Menschheit beschäftigt und immer wieder neu aufgestellt und dann wieder neu verworfen wird. Dieser Gedanke ist das eine. Der andere ist: Das Gute auf der Welt ist, gegenüber dem mein Denken rund um die Uhr in inniger Verantwortung ausgesetzt ist. Es entsteht durch meinen Gedanken und es vergeht durch ihn.

Herzlich