Natürlich hätte ich gerne das Lächeln von Buddha erlebt. Und, selbstverständlich, das was ich heute sah, war noch kein Buddhalächeln.
Aber mich hat es dennoch beglückt. Ich kam grad um die Ecke vom Törchen des Grundstücks zur schmalen Brücke, die über den Mühlbach im Ort führt. Auf ihr kann eigentlich nur eine Person herüber oder hinüber, in Coronazeiten sowieso. Als ich diese schmale Fußgängerbrücke betreten wollte, kam mir, schon auf der Brücke, ein Hund entgegen. Ich erkannte ihn als den Hund unseres Nachbarn, den wir noch nicht gut kennen und der uns bisher noch kein einziges freundliches Wort geschenkt hatte und auch sonst nichts.
Ich begrüßte den Hund, am einen Brückenende wartend, bis er und sein Herrchen vorbei wären. Da kam auch schon das Herrchen, eben der Nachbar, wie immer mit finsterem Gesicht. Er sah, wie ich den Hund begrüßte und wie der Hund schwanzwedelnd auf mich zukam. Als der Mann auf meiner Seite der Brücke angekommen war, grüßte ich – und er grüßte zurück – und schenkte mir das erste Lächeln.
Buddhalächeln, irgendwie, dachte ich erfreut. Und was hatte ich schon alles geargwöhnt, dachte, der Mann ist einfach nicht fähig freundlich zu sein, vielleicht kann er gar nicht reden, stockbockelhart wie der sonst immer an dir vorbeigeht und einen Flunsch zieht.
Jetzt, wo ich ihn lächeln sah, ist er plötzlich ein ganz anderer Mensch für mich. Wer weiß, was uns die nächste Begegnung bescheren wird?
Und, a propos Buddha, er soll gesagt haben: Wir sind, was wir denken. Das gilt auch für das Denken über den Nachbarn, er ist der, den ich denke. Ich muss mir keine Gedanken machen, warum er in der Regel nicht lächelt, vielmehr darf ich Freude darüber haben, dass er auch lächelt, fast wie der Buddha. So einen Nachbarn hab ich neuerdings. Das ist eine schicke Sache, und ich freue mich schon riesig auf unsere nächste Begegnung, mit oder ohne Hund als Vermittler zwischen uns.