Ist das mit dem rationierten Klopapier Geschichte? Werden wir uns bald zuzwinkern, wie 2020 in Deutschland ein Engpass entstanden sei durch Hamsterkäufe, weil viele gedacht hätten, das System würde zusammenbrechen und damit möglichweise der Nachschub dieses wertvollen Kulturguts? Geschichte, was ist das? Und vor allem: Ist das schon Geschichte?
Man hatte sich über die Deutschen lustig gemacht und assoziiert, dass das mit dem Klopapier für sie typisch sei, während in Italien, oder war es in Frankreich, eine andere Öffnung am menschlichen Leib mit Sondermaßnahmen bedacht wurde, nämlich der Mund – dort hatte man die Rotweinlager tüchtig aufgestockt. Doch bleiben wir beim Equipment für das Örtchener: Der größte Horter von Klorollen wurde nich in D, sondern in den USA ausfindig gemacht, er habe seine Doppelgarage vom Boden bis unter die Decke mit einem Vorrat eingedeckt, der für Jahrzehnte und länger halten würde.
Ich erinnere mich, wie ich mich ärgerte, dass bei uns in den Läden rundherum für eine gewisse Zeit tatsächlich die Regale leer waren. «Wer mein Klopapier abgezockt hat, bitte vorbeibringen», wollte ich ans Gartentor schreiben. Schließlich war es ja mit größter Wahrscheinlichkeit ein naher oder nicht ganz naher Nachbar gewesen, der den Mann aus Amerika imitiert und meinen Vorrat weggekauft hatte. Ich wollte diesen Nachbarn und sein Gewissen triggern, in der Hoffnung, dass er oder sie an unserer Haustüre klingeln würde, in jeder Hand zwei Klorollen und etwas Reue im Gesicht. Doch das mit dem beschriebenen Bettlaken und der Aufschrift am Gartentor blieb Idee und ich begann stattdessen gründlich mit den einzelnen Papierquadraten und den wenigen Rollen hauszuhalten, die wir hatten.
Was bleibt ist die Frage, ob das alles Geschichte sei? Ob die Lieferketten unabhängig seien vom Weltgeschehen? Ob wichtige dieser Lieferketten nachhaltig bedroht oder schon eingebrochen seien? Das Handwerk, die Baumärkte, einzelne Produkte, die Industrie? So richtig viel zu sehen gibt es nicht, doch ist das Ganze deshalb Geschichte? Oder arbeitet die Geschichte in Schritten der Verzögerung? In wie großen Schritten der Verzögerung?
Ich bin ein Freund der Fragekultur, merke allerdings gerade, dass allzuviele Fragen auch ein Zeichen der Not sein können.