Ich erinnere mich gut an die Johannitage in meiner Kindheit in den Bergen. Die Wiesen waren frischgemäht, wir rannten abends noch lange barfuß herum und verfolgten belustigt Leuchtkäferchen. Wir sammelten sie in Gläsern und kippten sie auf dem Esstisch vor dem Haus aus. Von unserem Schlafzimmer im ersten Stock aus konnten wir durch die geöffneten Fenster runterschauen und beobachten, wie die Käferchen in die Ritzen des einfachen, aus zusammengeschobenen Brettern bestehenden Holztisches krochen und dort leuchteten. Der Tisch, die helle Nacht und unsere Herzen waren wir verzaubert.
Das ist vorbei, diese Leuchtkäfer gibt es nicht mehr in den gleichen Mengen wir früher. Doch es gibt sie noch und wenn ich sie heute wahrscheinlich auch nicht zu Gesicht bekommen werde, weil wieder einmal ein sehr kalter Johannitag angebrochen ist und bei solchen Temperaturen ganz andere Himmelsgeschehnisse die Alltagserscheinungen prägen, fliegen sie auf der geweiteten Bühne meiner erinnerungsfreudigen Seele umher und das ist erhebend. Damals waren die Gläser voll, damals, wenn wir als Kinder etwas sammelten. Heute, als Erwachsene, sind wir gut bedient, wenn wir die Kunst beherrschen, ein halb volles Glas nicht als halb leeres, sondern eben als halb volles zu würdigen. Die Erinnerung an Wiesen, auf denen Glühwürmchen und Schmetterlinge in Mengen herumstreunten und uns die Tage und Nächte versüßten, kann dazu beitragen, das Glas halb voll zu sehen. Und sollte ich heute doch noch Schmetterlinge und Glühwürmchen antreffen draußen in der Natur, dann gehört ihnen in ganz besonderer Weise meine Aufmerksamkeit, denn sie sind wertvoll und seelenerheiternd wie eh und je.
Herzlich