«klimpern»

«Hat euer N. auch geklimpert, als er im Kindesalter das Klavier entdeckte?»

«Nein, nie, nicht ein einziges Mal, er hat von Anfang an einen Anschlag gesucht, der schöne Töne produziert.»

«Eigenartig, bei unserer A. war das nicht so, sie hat so dermaßen ätzend geklimpert, dass wir sie deshalb irgendwann zu einem Klavierlehrer brachten.»

«Wie verschieden Kinder doch sind. Als N. als kleiner Junge in die Musikakadmie kam und einer russischen Lehrerin im kleinen Saal ein paar nette Eigenkompositionen vorspielte, war sie begeistert. Da kam der Direktor der Akademie gerade um die Ecke und marschierte durch diesen Saal, als der Kleine mit verschiedenen Begleitungen Hänschen klein spielte, alles kindlich einfach, aber lustvoll. Der Direktor blieb kurz stehen, klatschte in die Hände, lachte und rief: ‹Holla, aus dem kleinen Kerl wird noch was› und eilte weiter.»

«Ja, wir Menschen sind von Anfang an verschieden. Und manche Kinder machen Sachen, da kommen wir mit dem normalen Verstand nicht mehr hinterher.»

«Eine berühmte Geigenpädagogin sagte einmal, sie habe nie an Reinkarnation geglaubt, aber seit sie erlebt habe, wie ganz kleine Kinder manchmal zum erstenmal eine Geige in die Hand nähmen und dem Instrument gleich Töne entlockten, für die andere jahrelang üben müssten, könne sie sich manche Phänomene nur noch dadurch erklären, dass sie glaube, diese Kinder seien in einem früheren Leben schon einmal Geiger gewesen.»

«Ob Reinkarnation so funktionert – ich weiß nicht. Aber ich weiß, dass Kinder, die noch nie eine Geige gesehen haben, niemals eine Geige aus dem Geigenkasten nehmen und darauf Blödsinn machen würden. Warum aber tun sie das, wenn sie ein Klavier sehen?! So viele Kinder gehen hin, reißen den Deckel auf und klimpern drauflos. Das habe ich nie verstanden. Mich dünkt, in einem solchen Verhalten zeigt sich eine angeborene Unmusikalität.»

«Einverstanden, aber die Dinge sind komplizierter, unsere A. ist eine wunderbare Cellistin geworden.»

«Obwohl sie als Kind geklimpert hat? Na, dann ist meine Theorie wohl falsch.»

«Ja, das ist sie wohl…»

Also: trau keiner Theorie, jedenfalls so lange nicht, bis Du alles, was ihr widerspricht, ausgeräumt hast.

Gruß