Die Mysterien fänden im Hauptbahnhof statt, meinte Joseph Beuys mal in einem Spiegelgespräch, nicht vor dem Spiegel, sondern im Gespräch mit einem Redakteur der Zeitschrift Spiegel.
Was, bittschön, ist an einem Hauptbahnhof mysteriös, wenn ich bei Le Crobag vor der Glasvitrine stehe und unter den vielen in Reihe gestellten Sandwichs bis auf ein einziges dunkles Brötchen mit Feta und Avocadostücken nur und ausnahmsweise solche ausgestellt sehe, die dick mit Fleisch beladen sind und durchgebogen vom Fleischgewicht wie sinkende Schiffe?! Sollen die Retter des Planeten doch für die Fahrten in den Zügen, die sie zum nächsten Anti-Klima-Event fahren, die Vitrinen leerkaufen und das viele Fleisch mit den Brötchen drumherum mitnehmen, und möge ihnen das Angebot von Le Crobag und all der anderen Feinschmeckerläden in der mondänen Bahnhofunterführung in Stuttgart, Hamburg, Salzburg oder Basel schmecken – ein Mysterium kann ich darin nicht sehen.
Und ein solches kann ich beim besten willen auch nicht bei Hahn nebenan von Le Crobag sehen, weder bei Hahn noch sonst in einer Buchhandlung im Hauptbahnhof. Denn auch dort begegnet mir alles eher als Mysterien, vor allem haufenweise Bücher, deren Autorinnen und Autoren davon Leben, dass in ihren Büchern gehauen und gestochen, gemordet und Blut verspritzt und gevögelt und gelinkt wird und die anderen über den Tisch gezogen werden. Nicht dass ich was dagegen hätte, auch ich will was vom Leben ham, nur – was Beuys da mit den Mysterien im Hauptbahnhof gemeint hat, bleibt mysteriös.
Zwischen Le Crobag und Hahn gibt es allerdings einen großen Unterschied. Dort sehe ich auf einen Blick, wo die vegetarischen Brötchen auf ihre versprengten Käufer warten, bei Hahn hingegen muss ich extrem viel Zeit mitbringen, um unter den ganzen Best-, Long- und Sowiesosellern genau das Buch herauszufischen, das mir ein bisschen Nahrung gibt.
Na ja, trotz solcher Misslichkeiten führt kein Weg an der Wahrheit vorbei, dass das Leben schön ist!
Herzlich