Vogelperspektive?

Wieder so ein unverfänglicher Begriff voller Unbegrifflichkeit: Mit ‹Vogelperspektive› meinen wir so etwas wie eine Metaebene der Gedanken. Dort Froschperspektive mit Blick von ganz unten, und hier eben das Gegenteil davon, die Vogelperspektive, der Blick der Kraniche oder Mauersegler weit über der Erde. Kraniche fliegen ja bekanntlich über den Himalaya, ohne vom Jetstream ins Jenseits mitgerissen zu werden. Wenn die nicht die Welt aus der Vogelperspektive sehen.

Ja nun, dieser ausgewählte Blick auf einige Vögel ist so, wie wenn wir das Leben der Pottwale für das allgemeine Leben im Meer nehmen würden. Da gäbe es vielleicht tolle Begriffe, allerdings auf Kosten der Genauigkeit.

Wir leben hier in Kassel recht untersonnig, ich meine Berenike und mich. Nach Süden gehts den Hügel hoch, also kein Ausblick nach Süden. Rund ums Haus glücklicherweise keine Autoparkplätze, sondern hohe Hecken und richtig hohe Bäume, eine 20 Meter hohe Linde, daneben eine ebenso hohe Lärche, ein Nussbaum, hohe Eiben, eine kanadische Fichte, Apfelbäume gleich mehrere, mitten in den Gärten und an den Gartenrändern entlang. In und vor allem unter diesen Bäumen pulsiert im Schatten des pulsierenden Grüns ein vielgestaltiges Vogelleben. Die Vögel, die daran teilnehmen, kleine und leider ziemliche viele große, haben alle ihre Perpektiven, Vogelperspektiven. Keiner von ihnen operiert aus dem Überblick, aus der Metaebene, die wir Menschen mit ‹Vogelperspektive› meinen.

Also wieder einmal der schiefe Menschenblick auf die Natur und ihre Erscheinungen und der Umgang mit ihnen vermittels falscher Begriffe.

Das Gute daran ist, dass es sich lohnt, über das Leben und die verschiedenen Lebensperspektiven der Vögel nachzudenken und von diesem Nachdenken zu lernen, falsche Begriffe zurückzuweisen und durch bessere zu ersetzen, beispielsweise ‹Vogel-Schatten-Perpektive›.

Nun ist der Ball beim Leser und der Leserin, herzlich