Wenn Hören und Sehen interferieren

Das Phänomen mit dem Bauern, der in fünfzig Metern Entfernung einen Pfosten einschlägt und wo der Ton mit etwas Verzögerung  ankommt, ist bekannt. Lichtwellen seien eben um einiges schneller als Schallwellen, ist die Erklärung. Toll, eine Erklärung, die einer sofort kapiert und damit wegzugucken und wegzuhören gelernt hat, bevor das Gegenteil davon stattgefunden hat, das Hinschauen und Hinlauschen.

Die letzteren beiden Dinge habe ich heute an einem Bächlein versucht. Ich stand oben auf einer Böschung, das Wasser war vielleicht vier Meter entfernt. Es, na, jetzt beginnt die Sache mit dem Hinlauschen, vorerst die mit dem Hinlauschen, das Schauen kommt gleich noch hinzu. Es, ich sag jetzt mal, es gurgelte, plätscherte, das Bächlein quirlte und plauderte. Insgesamt hörte ich eine Mischung aus den genannten Wörtern, die alle eine etwas andere Qualität dessen ausdrücken, was wir an einem solchen Bächlein hören können.

Ich schloss die Augen und versuchte herauszufinden, welches dieser Wörtchen das passendste wäre für das, was ich wirklich hörte. Es gurgelte, das war ein ziemlich regelmäßig wiederkehrendes Geräusche. Dann plätscherte es auch, na ja, eher, fand ich, plauderte es. Und beim Eindruck, ein Plaudern zu hören, versuchte ich, einzelne Worte herauszuhören. Natürlich gelingt das bei einem Bach nicht so leicht, doch ich merkte, dass, wie beim Plaudern zweier Menschen, die nahe beieinanderstehen, so etwa wie einzelne ‹Worte› in nicht immer gleichen Abständen erklangen.

Die Frage, wie fließendes Wasser solche Geräusche machen kann, lässt wieder flotte wissenschaftliche Erklärungen zu. Wie beim Knirschen des Schnees und den Schuhen, wo bekanntlich durch den Druck des Schuhs Schneekristalle zerstört werden, so gibt es auch Geräusche, wenn Wasserteile aneinanderschlagen. Und da sie immer ein bisschen unterschiedlich aneinanderschlagen, die kleinen Wassermengen, die sich da nebeneinander und miteinander vorwärtsbalgen, deshalb gibt es auch verschiedene ‹Wortmeldungen›, wenn ich das mal so sagen darf.

Nun öffnete ich die Augen und sag, dass immer ganz kurz, bevor ich fast so etwas wie ein einzelnes Wort im Plaudernden Bach zu vernehmen glaubte, im immer gleichen Feld des Wassers an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Wasser aneinanderschlug als sonst. Dieses Aneinanderschlagen war mit den Augen zu erkennen durch eine ganz kurze erhöhte Weißfärbung einzelner Wasserteile, die in der Menge eine ganz kurz sichtbare Gischt in Miniformat bildete. Einen kurzen Moment nach dem Gewahrwerden einer solchen ‹Gischt› brach ein ‹Fastwort› aus dem Zusammenhang des Geplauders hervor.

Wenn jetzt ein Wissenschaftler sagt, is ja klaa, dat is doch dat gleiche Phänomen wie das mit dem Pfosten und dem Bauern, der ihn mit dem Gummihammer in die Erde versenkt, dann zieh ich diesem Wissenschaftler eins über die Rübe.

Gruß