Dalai Lama

Er hat schon viel Erstaunliches gesagt, dieser alte Mann, der 14. Dalai Lama. Auch bei dem folgenden Gedankengang kann eine seiner Überzeugungen Licht auf ein dunkles Kapitel der neueren Menschheitsgeschichte werfen.

Ich meine das ERBEN. Zur Zeit der Jäger*innen und Sammler*innen gab die Elterngeneration den Kindern «nur» eine gesunde Konstitution mit. War ein Kind ausnahmsweise mal nicht gesund, hatte es keine Überlebenschance und musste fallengelassen werden. Doch die meisten waren urgesund und lernten spielerisch das Handwerk der herumziehenden Eltern und wurden selber glückliche Jäger*innen und Sammler*innen. Ja, sie waren GLÜCKLICH. Hätte es zur ihrer Zeit schon Krankenkassen gegeben, hätten diese kein Problem mit depressiven Menschen gehabt, während heute die Kosten für die Behandlung von Depressionen diejeingen für die Krebsbekämpfung weltweit übertrifft.

Seit der Seßhaftwerdung der Menschen ist das Thema des ERBENS eins der großen Übel rund um die Erde. Die Tatsache, dass ein Großteil derer, die erben, mit ihrem Erbe just nicht glücklich sind, erinnert mich an einen Gedanken des Dalai Lama. Er spricht gern vom Altruismus. Das ist für ihn keine moralische Pflicht oder muffelige Weltanschauung, sondern Altruismus ist für den Dalai Lama gelebtes Leben. Er selbst meditiere fünf Mal am Tag. Stundenlang. Und was tut er in diesen Meditationen? Er tut nichts anderes als anderen Menschen, vorzugsweise den Erzfeinden Tibets und allen anderen Erzfeinden von Völkern und Menschen, die sie bis auf den Tod verfolgen, Gutes zu wünschen.

Wenn also der Dalai Lama sagt

Freude = Entwicklung = Für andere Menschen da sein

dann ist das kein frommer Spruch eines Religionsführers, sondern täglich über viele Stunden praktizierter vollsaftiger Lebensvollzug für die Mitmenschen.

Der Umkehrschlus seiner Aussage würde lauten:

Nicht für andere Menschen da sein = Frust = Stagnation

Das wirft ein neues Licht auf den Vorgang des Erbens. Beim Erben sind wir für die Familie da, für uns und unsere Nachkommen. Wir sind dann genau nicht für andere da. Die Entwicklung in Richtung weltumfassender Brüderlichkeit, die keineswegs mit sowjetischem Kommunismus verglichen werden muss und dennoch dem gleicht, was wir Kommunismus nennen, diese Entwicklung stagniert.

Und, auch dies scheint dem Dalai Lama recht zu geben, weil die durch Erbschaftsvorgänge nur mit sich selbst  beschäftigt sind, werden sie durch das Erben verrückterweise sehr, sehr oft unglücklich und haben, obwohl reicher als zuvor – aber nicht so reich wir gedacht – oft keine Freude mehr am Leben.