Zivileinsatz gratis

Immer mehr vor allem junge Menschen entsorgen gratis Müll. Auch in Deutschland, aber längst nicht nur hier, werden Tonnen von Plastikmüll und Bierdosen, Mundmasken und anderes Zeug aus Wäldern entsorgt. Was mit Plastikinseln auf den Meeren nicht geht, entlang unserer Straßen und an Wiesenrändern und auf Waldwegen ist es möglich, eine Mülltüte genügt. Manche haben Handschuhe dabei, oder eine Greifzange – und los geht das Spiel.

Kürzlich begegneten Berenike und ich im Wald einem älteren Mann mit seinem kleinen Sohn oder Neffen auf einem Kiesweg im Wald. Ich strahlte ihn an und zeigte auf seine Tüte. «Pilze?», fragte ich. «Nein», sagte er, «Müll». Eine ganze Tüte mit Müll trug er aus dem Wald, einfach so. Na, nicht einfach so, selbstverständlich nicht, denn das braucht schon was, eine solche Tat. Und manche wiederholen diese Tat bei jedem Spaziergang.

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Von Politikern bekommt solches Tun Zuspruch. Wären mehr Menschen so sozial und altruistisch, sähe die Welt anders aus. So die meisten Politiker. Sie wissen die intrinsische Motivation der Bürger zu schätzen und denken manchmal auch daran, sie zu loben. Sie selbst tun sich allerdings schwer damit, selbst zu intrinsischen Motiven vorzustoßen. An einem Tag wie heute, ein Tag nach der Bundestagswahl, wo alle Kanäle voll sind mit engangierten Politierinnenreden und Politikerstimmen, wäre ein solcher intrinsischer Schub ein besonders bereicherndes Erlebnis für alle die, die sich entschlossen haben, Müll für den Staat zu entsorgen, ja ich weiß, ich sollte sagen, nicht für den Staat, sondern für die, die alles wegschmeißen und nicht wissen, dass sich das nicht gehört und Tiere daran sterben können.

Ich warte auf eine solche intrinsische Explosion. Stell Dir vor, ein frisch gewählter Politiker oder eine Politikerin käme auf die Idee, Geld, das ursprünglich in Rüstungsgeschäfte fließen soll, dafür zu verwenden, Plastikinseln aus dem Meer zu holen. Die eine Frage ist, wieso keine und keiner auf eine so bestechende Idee kommt. Die andere Frage ist, wie lange es noch dauern wird, bis sich Politiker_innen mit solchen Ideen profilieren. Und meine ganz persönliche Frage ist, ob ich lieber warten will, bis Frage zwei ein konkretes Datum bekommt, oder ob ich mich bei denen einordne, die für den nächsten Spaziergang einen Müllbeutel in die Hosentasche stecken, nicht wegen des zu erwartenden Lobes von Politiker_innen, sondern einfach so, ich weiß, nicht einfach so, sondern weil der Staat nicht selber auf solche Ideen kommt, oder weil ich zu denen gehören will, bei denen das Denken und die Welt nicht an der eigenen Außenhaut aufhört, sondern sich weiter ins Soziale ausdehnt, also zu den Menschen der Zukunft.