Wir wissen, wie recht Marshall Rosenberg mit seiner Behauptung hat, dass Vergleiche unglücklich machen. Doch, um gleich Nietzsche hinterherzuschieben, wir lieben unser Unglück und tun viel dafür, es immer wieder neu zu erleben.
Dass er zwei hervorragende Pianisten miteinander verglichen hat, machte unlängst einen hochanständigen und kompetenten Journalisten sehr unglücklich. Hätte er das im Vorhinein wissen können? Hätte ihm die Warnung von Marshall Rosenberg geholfen?
Igor Levit mit Daniil Trifonov zu vergleichen ist verwerflich und macht unglücklich. Dennoch oder gerade deshalb ist ein solcher Vergleich reizvoll. Und er fällt selbstverständlich so aus, wie der Geschmack dessen ausgefallen ist, der den Vergleich anstellt, gewissermaßen den Test macht und einen Testsieger festlegt.
Manchmal denke ich, in der Kunst seien solche Vergleiche besonders unsinnig, obwohl ich sofort wüsste, wen der beiden Genannten ich mit wie vielen triftigen Gründen für den Testsieger erklären würde. Im Sport ist das anders, habe ich lange gedacht. Da entscheiden die Uhren und die Tausendstelsekunden das Geschehen. Der Schnellste ist der Beste, basta. Habe ich, wie gesagt, lange gedacht. Bis ich die Stilkunde über Messi von Jordi Punti gelesen, ja verschlungen habe. Darin wird der Größte – für Punti ist es Messi – mit dem, den viele andere für den Größten, nämlich mit Ronaldo verglichen.
Hier kommt etwas Entscheidendes ins Spiel bei solchen Spielchen: Wie spielerisch bin ich als Leser solcher Vergleiche? Nur wenn ich dies bin, bleibe ich vom Unglückssog verschont, der durch solche Vergleiche entsteht. Vier große, Trifonov, Messi, Levit, Ronaldo, wie lässt sich der Kuchen verteilen? Oder ist einer der vier gleichzeitig der Beste, das i-Tüpfelchen und die Sahne dazu?!
Weil mir die klassische Musik letztlich näher ist als der Fußball, war ich beim Lesen des Vergleichs der beiden Pianisten befangener, anfälliger für das Unglück. Bei Jordi Punti konnte ich hingegen vor Freude nur frohlocken und über seinen Sprachwitz lachen und Ronaldo genauso mögen wie Messi.
Die Lösung des großen Problems 😇 könnte sein, einen Vergleich zu versuchen zwischen beispielsweise Messi und Trifonov oder Ronaldo und Levit. Da würden die Tjosten mit so absolut ungleichen Speeren geritten, dass der Vergleich für alle sichtbar schiefgehen würde. Das tut er natürlich sowieso, siehe Marshall Rosenberg, aber ein Vergleich zwischen den besten Fußballern und den besten Pianisten – oh, ich merke gerade, dass ich restlos ungegendert rede – also: dass ein Vergleich zwischen etwa Ronaldo und Martha Argerich, na, was jetzt? Schiefgehen würde? Oder eine besondere Herausforderung wäre?! Ein besonderes Glück?
Ja das wäre ein solcher Vergleich tatsächlich, er wäre so herausfordernd, dass keiner und keine Unglück provozieren könnte. Der Wunsch zu vergleichen würde abfallen und der Freude weichen. Martha Argerich und Ronaldo aufeiander zu beziehen, da würde doch wohl hier wie dort nur schiere Freude zurückbleiben.