Runter vom Hohen Ross

Die Erzieherinnen hatten die Berittene Polizei angefragt, ob ein Wachhabender nachmittags um 17:00 Uhr auf der großen Wiese vor der Orangerie zwei runden drehen und um die dort mit Laternen gehende Kinderschar herumreiten würde, gerne natürlich in angepasster Kleidung. Und es geschah, der Polizist kam in wehenden Kleidern geritten, eindrucksvoll auch für die Erwachsenen, die ihn erlebten. «Sag, dass das nicht der Sankt Martin ist!» «Sag, dass das nicht der Sankt Martin ist!» Schrie ein Junge immer wieder in mein Ohr. «Du siehst doch, dass er es ist, da reitet er ja!» Der Junge hielt die Antwort fast nicht aus, starrte zur Riesenerscheinung, Pferd und oben ein großer Reiter drauf und ein wehender Mantel. Immer wieder der Junge: «Sag, dass das nicht der Sankt Martin ist!» Und die Antwort: «Du siehst doch, dass er es ist, da reitet er ja!» Und die Freude des Jungen, dass er eine Frage und eine Antwort hatte und die Frage nicht aufhörte und die Antwort zweimal in groeßm Bogen um den Platz ritt.

Das ist das eine, die Erscheinung. Das andere ist, dass der Reiter in der Martinsgeschichte nicht primär zum Pferd, sondern zum Bettler gehört. Das Pferd in dieser Erscheinung muss sogar in den Hintergrund, der Reiter muss seinen Stand überwinden, vom hohen Ross runter zum Ärmsten aus dem Fußvolk, so arm, dass er nicht einmal mehr gehen kann. Da muss der Martin in seiner edlen Kleidung hin. Er wollte es so, ihm genügte es nicht, dem Bettler durch einen Knecht etwas zukommen zu lassen, er musste selber hin, ihm von Mensch zu Mensch die Hälfte seines Mantels geben.

Diese Darstellung findet sich selten, aber nur sie ist das Bild für den Heiligen Martin, der seinen Mantel mit dem Bettler teilt.

Gruß