An die Macht

Auf einer Postkarte sehen wir ein altes Paar. Ich habe das Nötigste hier mal zart abgezeichnet. Sie löst Kreuzworträtsel, er guckt in die Glotze, beide haben Brillen auf. Er sieht nicht nur schlecht, er ist auch schwerhörig. Sie reitet gerade eine knifflige Welle beim Lösen ihres Kreutworträtsels und beansprucht seine Hilfe. Laut ruft, halb fragt sie: «Weltmacht mit drei Buchstaben?»

Ohne zu zögern brüllt der Alte «ich». Nicht etwa «USA», nix Big Brother, nein vielmehr «ich», was für eine Kulturtat!

Solange wir noch solche Leute am Start haben, geht es mit großen Dingen zu auf dieser Welt. Der alte Mann in seinen Pantoffeln erlebt sich als Weltmacht, kein Staat und niemand sonst kann sich mit ihm messem. Wer sich als Leuchtturm, als Fels in der Brandung erlebt wie dieser Mann in seinem Fernsehsessel, lenkt die Geschicke der Weltentwicklung auf eine gute, auf eine erhebende Bahn. Er gibt Ichkraft ins Feld des Sozialen, nichts ist wichtiger als genau dies. Fred und Günter, die die Idee zu dieser Szene hatten, haben als Postkartenproduzenten natürlich eine Portion Schalk hinter den Ohren. Sie malen die Szene in ein Ambiente des muffligen Schmunzelns oder biederborstigen Grauens hinein. Doch im Prinzip ist die Szene ganz großes Kino!

In dem Moment, wo der Einzelne die Macht an andere abgibt, an andere Menschen, an die Familie, den Clan, den Kiz, die Stadt, das Land, den Staat, sieht die Sache anders aus. Da müssen die Dinge jeweils neu und langwierig verhandelt werden. Reibungsverlust. Hingegen wenn jemand im rechten Augenblick «ich» (engl. «I», das ist noch aufrechter und es klingt erst noch entwaffnend liebevoll) sagt, jubelt das Weltall an einem Zipfel auf, wie der andere alte Pantoffel, Wolfgang Goethe, einmal bemerkt hat.

Ich geh jetzt kochen und ich grüße herzlich, ich,