Cancel Culture Germany, höre ich aus dem Ausland nach Kassel branden. Das Schlagwort bezeichnet, wie das Lexikon sagt, «systematische Bestrebungen zum sozialen Ausschluss von Personen oder Organisationen, denen beleidigende, unanständige oder diskriminierende Aussagen beziehungsweise Handlungen vorgeworfen werden.»

Ist es diese Art von gecancelter Kultur, vielmehr um sich greifender Unkultur, die In Deutschland Furore macht? Oder cancelt sich die Kultur in diesem Land wie von selbst und zwar durch das Verhalten der allermeisten seiner Einwohnerinnen und Einwohner, die kleinen Kinder ausgeschlossen?

Sind die nordamerikanischen Indianer wegen der europäischen Einwanderer untergegangen? Oder deshalb, weil ihre Kultur schon lange keine wirkliche Kultur mehr war? Darüber gibt es bis zum heutigen Tag heiße Debatten und in ihren Analysen weit auseinanderliegende Bücher. Und dann gibt es, zumindest bei mir, das Bauchgefühl, das sich nicht so sehr auf Analysen, sondern auf das Gefühl in der Gegend des Solarplexus‘ verlässt. Mein Bauchgefühl macht bei dieser Frage eine Mischrechnung, bei der die Prozente nicht sonderlich ausschlaggebend sind. Es wird eine wilde Mischung sein aus systematischer sozialer Überwachung und systematischer Faulheit.

Das ist eigentlich alles nicht neu, ist alles schon bei Nietzsche nachzulesen, der vor 150 Jahren wie ein angeschossenes Tier unter genau dieser aus zwei Richtungen auf ihn hereinstürzenden Frage gelitten und sozusagen einen Ausweg in der Flucht in den Wahnsinn gefunden hat.

Das sollte nicht unsere Perspektive sein – und ist es auch nicht.

Gruß