Glücklich im Totalitarismus

Ich weiß nicht mehr, ob er Totalitarismus gesagt hat oder Faschismus, jedenfalls staunte ich, als ich in einer Gesprächsrunde kürzlich einen Mann sagen hörte, er habe sich immer wieder gefragt, wie es sich in einem totalitären (oder eben faschistischen) System lebe und wie es zu einem solchen System kommen könne. Jetzt habe ihm sein Leben diese Erfahrung geschenkt und darüber sei er glücklich (oder vielleicht hat er auch gesagt: dankbar).

Wenn es stimmen würde, was er erkannt zu haben glaubt, wäre er nicht mehr länger vor all den Dingen geschützt, die wir aus faschistischen Systemen kennen. Er müsste mit Verschleppung rechnen, mit Verleumdung seiner Person, Polizisten, die einfach so in seine Wohnung eindringen würden und mit anderen Vorgängen, die so schlimm wären, dass ich sie hier gar nicht nennen möchte, auch gar nicht nennen kann, weil mir die Buchstaben und Worte dafür buchstäblich nicht über die Lippen kommen. Ich denke, das war dem Mann im Moment, als er von seinem Glück sprach, nicht genügend bewusst.

Es gibt das alte Bild mit der Schiffbruchmetapher, sie ist zweieinhalb tausend Jahre zurückzuverfolgen und stand als Bild schon an der Wiege des Abendlandes. Diese Metapher bedeutet nichts anderes, als dass es alle, die wir ins Leben eingeschifft sind oder einmal eingeschifft waren, erwischen und vom Boot fegen könnte. Bei der Schiffbruchmetapher gibt es keine Trennung mehr zwischen den Gladiatoren unten in der Arena, die ihr Leben dem Tod geweiht haben und jeden Moment tatsächlich tot sein könnten, und dem Publikum, das auf den Rängen sitzt und für die Unterhaltung, die geboten wird, schadlos entschädigt wird, weil es Eintrittsgeld bezahlt hat.

Mir geht es eher so, dass ich glücklich wäre, wenn sich gewissen Systeme auf dieser Erde schlichtweg abschaffen und aufheben würden, Systeme, bei denen es mir genügt, sie aus der Geschichte zu kennen.

Mit Gruß