Ich trinke neuerdings Tannennadeltee, warum sage ich nicht. Er schmeckt mir, das hätte ich nie gedacht. Wenn ich heißes Wasser auf die Nadeln gieße, sinkt vorerst die Hälfte der Nadeln auf den Boden der Teetasse, der Rest bleibt oben. Nach einer Weile lassen sich die obengebliebenen Nadeln durch leichte Berührung dazu bringen, dass sie zu den anderen am Boden absinken.
Obwohl ich jedesmal neue Nadeln nehme, wenn ich mir einen Tannennadeltee aufgieße, passiert es mir jedesmal, dass genau eine Nadel nicht runter will. Sie ziert sich. Wenn ich sie dann wiederholt antippe, versucht sie es mit einem Kompromiss und stellt sich senkrecht im Wasser auf, berührt also nur noch mit einer Spitze die Teewasseroberfläche, sinkt aber nicht zu Boden. Es ist jedesmal genau eine Nadel, immer eine andere, und sie zeigt partout das gleiche Verhalten wie ihre Vorgängerin in der vorangegangenen Teetasse.
Das wirft große Fragen auf. Etwa die, ob mir die Tannennadeln etwas sagen wollen und jedesmal eine von ihnen auswählen, um mit mir zu reden (denn natürlich rede ich den Nadeln zu, sie sollten zu Boden gehen, damit ich den Tee bequem trinken könne – also könnten sie sich doch sagen, wenn der mit uns redet, wollen wir auch mit ihm reden). Ich weiß es nicht und verstehe nichts. Doch ich spüre, dass da ein wissenschaftliches Problem gelöst werden will und da kommt mir kein geringerer als der große Quantenphysiker David Bohm (1917-1992) in den Sinn, der solche Dinge auch schon beobachtet hatte, jetzt nicht gerade an Tannennadeln (das wäre dann eben jetzt mein Forschungsgebiet), sondern bei Oberflächen von Metallen. Bohm behauptete, es sei bei einzelnen Atomen zu beobachten, dass sie individuelles Verhalten zeigen würden.
Voilà, das war das Stichwort für meine Problem, denn in jeder neuen Teetasse ist jedesmal von Neuem eine Tannennadel dabei, die indiviuelles Verhalten zeigt. Sie will also tatsächlich mit mir in Dialog treten, mich auf ihr besonderes Dasein aufmerksam machen.
Irgendwie bin ich einer großen Erkenntnis auf der Spur, das spüre aber wie.
Herzlich