Gemessen an anderen Leiden ist mein Kopfweh von heute morgen recht unbedeutend. Gemessen an den Co2-Gesamtimmissionen ist meine Autofahrt gestern von Oberzwehren nach Niederzwehren unbedeutend. Gemessen an der ehemaligen Anzahl von Insekten sind die heutigen Insektenrestbestände ein Bruchteil dessen, was es einmal gab.
Gemessen an der Lebensintensität von Sowieso ist die Lebensintensität von X vernachläßigbar klein. Gemessen an Christi Leiden am Kreuz ist die Behandlung meiner sieben großen Löcher in den Zähnen ein Witz – doch ich kann trotzdem sterbensangst vor dieser Behandlung haben.
Wie leicht wird Gemessenes miteinander verglichen und gegeneinander ausgespielt. Doch wie wollen wir beispielsweise das Erleben von Schmerz messen? Diese Frage hat dem Philosophen Wittgenstein Kopfzerbrechen bereitet. Und das ist erst der Anfang, denn nicht nur Schmerzen lassen sich eigentlich nicht messen (es kann jemand beim Zahnarzt mit Schmerzspritze größere Schmerzen haben als jemand ohne Spritze, und während ein Fußballer bei einem Kopfballeinsatz den Eindruck hat, dass es ihm den Schädel zertrümmert, hat der andere Spaß daran), sondern ganz generell ist Gemessenes nichts Wirkliches. Die Wirklichkeit ist etwas anderes als das, was sich an ihr messen lässt.
Die heißesten Sommer, seit es Messungen gibt, was heißt das? Gab es davor nicht möglicherweise Äonen mit viel heißeren Sommern als es diejenigen sind, die in den letzten Jahrzehnten gemessen worden sind?
Und dann, die Technik des Messens selbst?! Wir hören immer wieder, dass mit Kanonen auf Spatzen geschossen werde bei der Anwendung von Statistiken und Messungen.
Von Topbäckern hören wir, dass ihre Brotteige jeden Tag anders ausfallen, auch wenn sie an den Maßen und Techniken, wie sie die Teige herstellen und backen, nichts geändert haben.
Und wie ist das mit dem Magnetismus, den wir Menschen messen können? Schwierig steht es um ihn, wahrlich. Vielleicht ist das beste Messgerät für Magnetismus immer noch unser eigener Leib und das Spiel zwischen Konchengerüst, Muskeln, Haut, Organen, Haaren… Doch darauf will sich kaum jemand verlassen. Deshalb ziehen die meisten den Hut vor externalisierten Messgeräten und Messtechniken. Und dies nur, um Objektivität zu erreichen, wo diese so genannte Objektivität gar kein Maßstab von höherer Qualität ist.
Was sind diese meine eben angestellten weltfremden Spekulationen, gemessen an den wahren Problemen und Themen unserer Zeit? Antwort: Sie treffen ins Schwarze, denn immerhin beweisen sie das Bemühen um Bewusstseinsklarheit auf einem Gebiet, wo Annahmen ein Verhalten festlegen, das widervernünftig zu sein scheint (gemessen an den gegeben Vernunftsmöglichkeiten).
Das war mein Wort zum heutigen Sonntag, herzlich