Neue Philister

Rafik Schami nennt sie die Medienintellektuellen, sie werden für alle möglichen Themen auf die Bühne geholt und reden immer so, dass man noch mehr von ihnen hören will, weil sie genau das sagen, was trendy ist. Sie setzen nicht selber die Trends, dazu sind sie vielleicht nicht gescheit oder mutig oder aggressiv genug. Doch auf den Wellen der schon bestehenden Trends sind sie in ihrem starren Geist nicht aus dem Sattel zu kriegen. Und weil sie so viel Beifall bekommen, denken sie auch keinen Augenblick daran, mehr Beweglichkeit, Geschmeidigkeit, Liebenswürdigkeit in ihre abgekarteten Gedanken zu bekommen.

Schami nennt sich altmodisch, für ihn sei beispielsweise der Schriftsteller Émile Zola das Beispiel für einen redlichen Intellektuellen, Zola habe mit seinem offenen Brief J’accuse…! (Ich klage an…!) den damaligen Präsidenten der Französischen Republik  über die wahren Hintergründe der damals hohe Wellen schlagenden Dreyfus-Affäre informiert und sich mit dieser Geste für Wahrheit und vor allem für andere eingesetzt, nicht für sich und die eigene Wahrheit, wie dies die Medienintellektuellen tun würden.

Leuchtet mir ein, dann müsste ich sagen, ich gehöre wie Rafik Schami zu den Altmodischen. Doch das sehe ich anders. Die Medienintellektuellen, wie sie Schami charakterisiert, sind die alten Philister in den Schlaufen und Schläuchen der neuen Medien. So alt kann ich doch gar nicht sein. Im Umkehrschluss heißt das, Rafik Schami übt eine falsche Bescheidenheit und distanziert sich vorschnell vom eigentlichen Problem, wenn er sagt, er sei in dieser Frage altmodisch.