Der gestrige Tagesgedanke zeigte heute sein Wirkung, als ich durch Wald und Wiesen joggte. Ich lief wie durch eine andere Welt. Beziehungsweise wir ein anderer Mensch oder wie einer, der andere Wahrnehmungen hat.
Der Fremde von Camus sah die Welt in seinen letzten Tagen anders, erweitert. Die letzten Briefe von Todgeweihten bringen etwas von der Stimmung mit, in der der zum Tod Verurteilte war. Er ertrug keine Halbheiten mehr, zum Beispiel keinen Pfarrer, der ihn per kirchlichen Rat an etwas Höheres über uns anbinden wollte.
Die Kirchenglocken, die ja läuten, als wäre nichts geschehen, habe ich anders läuten gehört, überhaupt wieder einmal läuten gehört. Das muss keine Kirchenfrau und keinen Kirchenmann mit besonderer Freude erfüllen, mir war meine eigene Erfüllung genug, die braucht keinen Anschluss an irgendwelche Vermittlerinnen und Vermittler. So haben jedoch anders geklungen. Wie das Licht anders, lichter leuchtete und alle in ihm aufglühenden Frühlingsfarben. Und der Vogelgesang, wie der zu Herzen gehen kann, nicht nur der Gesang selbst, sondern die Sängerinnen und Sängerinnen dazu. Und die vor uns ausgebreitete Erde, österlich leicht und frisch und von Selbstwert durchdrungen.
So ging es mir heute beim Joggen. Selbstverständlich sind gerade solche Erlebnisse der erweiterten Wahrnehmung dieser Welt Grund dafür, dass wir nie Abschied nehmen wollen von dieser Erde und alles auf ihr genießen so lange wie möglich. Das soll uns bitte niemand reinreden. Auch mein Joggen geht in diese Richtung: Fit bleiben trotz des Älterwerdens.
Das alles durchaus genauso, aber angesichts der Tagesgedanken gestern eben auch das andere, so war es und ich werde mich weiterhin in Selbstbefragungen zu meinem Altwerden ergehen.
Herzlichen Gruß.