Was kümmert’s mich?

Viel zu viel kümmert’s mich, auch wenn ich auf anderes zu achten hätte, ist schon klar. Aber als eine liebe Nachbarin freudestrahlend erzählte, dass sie zweimal geimpft sei und ihr Mann genauso, und als ihre beiden Kinder, Schulkinder, begeistert sagten, sie würden sich so schnell wie möglich auch impfen lassen, da hängten meine Gedanken über dieser Freude in einer Endlosschlaufe. Ich wusste nicht, über was ich mich mehr ärgern sollte, über so klugen Menschen wie unsere Nachbarn, denn alle vier sind wirklich sehr klug, die wie mit einem Informationsfilter ausgerüstet in rosigem Licht auf Wolke sieben sitzen, über mich selber, der ich im Leben bei jeder Wahrnehmung und jeder Entscheidung eine kräftige Portion Skepsis aufmarschieren lasse und mich entsprechend vielschichtig informiere, oder über die Tatsache, dass ich mich überhaupt ärgere, weil mich solche nachbarlichen Entscheidungen schlichtweg nichts angehen.

Was mich am meisten ärgert, ist das Unvermögen der Sprache, das Unvermögen, das darin steckt, dass wir das, was uns durch Kopf und Herz geht, nicht in Worten zu fassen bekommen. Wie beispielsweise kann ich verständlich machen, wie oft mir in letzter Zeit Franzikus durch den Sinn gegangen ist, das Bild dieses Penners, heute nennen wir ihn den Heiligen von Assisi, der Aussätzige pflegte. Wo ist sein Erbe geblieben? Wo sind seine Nachfolger, die vielen, die es einst gab?! Nicht dass ich sie herbeiwünschte, oder doch? Nicht dass ich wollte, einige Millionen heiliger Franziskusse sollten jetzt wie weiße Kinderkönige aus dem dunklen Märchenwald hervortreten und uns zeigen, wie es auch anders geht. Na ja, vielleicht ist genau dies mein geheimer Wunsch. Wieso sollte ich so etwas wünschen? Die Franziskanische Zumutung geht mir nicht aus dem Sinn. Ich schiebe deshalb Schuldgefühle. Muss das sein?

Schuldgefühle, weil ich vergebens nach einer Möglichkeit suche, meinen vielseitigen Ärger, den ich immer wieder in den Arm zu nehmen und zu trösten weiß, im Keim zu ersticken. Nur eine Möglichkeit bleibt: Ich müsste selbst die Nachfolge von Franziskus antreten. So etwas hat allerdings weder Nikos Katznazakis noch haben es die Franziskaner geschafft.

Franziskus hinterlässt Fragen – wie die Impfkollonnen, die durch die Lande ziehen, um nun auch die Kinder vor dem Leben zu schützen.

Leicht skeptische Grüße,