Dialektgezwitscher

Bei der Vogelsprache von Gezwitscher zu sprechen, ist ein bisschen despektierlich, sind doch atemberaubende Entdeckungen gemacht worden über die hochentwickelte Sprache der Vögel, die der Menschensprache in manchen Dingen keineswegs nachsteht. Also sollten wir entweder anders von dem sprechen, was wir von ihnen in Wald und Wiesen zu unserer dauernden Freude hören – oder wir sollten dazu übergehen, die Menschensprache ein Gezwitscher zu nennen.

Jedenfalls ist die Amsel zurück, ich meine die Amsel, die vor zwei Jahren über einen Autoalarm anscheinend so erschrocken oder vielleicht auch nur entzückt war, dass sie ihn in ihren Gesang aufgenommen und als Strophe eingebaut hat.

Jetzt, nach ihrer Rückkehr, erinnerte ich mich an meinen Biologielehrer aus der Zeit am Gymnasium (schreckliche Zeit, was die Schule angeht). Er hatte den Übernamen ‹Biomüller›. Zwei Dinge sind mir von ihm bis heute in Erinnerung geblieben, der Übername und seine Begeisterung für Vogeldialekte. Fachleute könnten anhand von Tonbandaufnahmen sofort erkennen, ob ein Buchfink aus Mitteldeutschland, der Ostschweiz oder Norditalien stamme, erzählte er mit großen Augen und etwas Speichel in den Mundwinkeln. Wir Laien, wenn wir ein bisschen was von Vogelstimmen verstehen, können an allen diesen Orten vielleicht den Buchfink heraushören, ihren Dialekt jedoch kaum.

Nun hat die Amsel in unserem Stadtteil, die seit einigen Tagen wieder ganz nah bei unserem Haus singt, mit ihrer Alarmstrophe Nachahmer gefunden. Die Strophe muss so etwas wie eine Mode unter den Amseln in Kassel Kirchditmold geworden sein, denn ich höre sie in abgewandelter, aber leicht erkennbarer Form nun auch aus anderen Gärten. Das heißt, ich kann ‹unsere› Amsel mit dem Originalalarm in anderen Stimmen erkennen, denn ich höre von anderen Amseln in ihren Liedern Zitate von ‹unserer› Amsel. Das ist eine Bestätigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ornithologen.

Für mich ist das zwar eine Freude, aber nichts Neues. Da wo ich herkomme, erkennt man an manchen Wendungen in den regionalen Dialekten der Eidgenossen, aus welchem Dorf, ja Kenner kriegen sogar mit, aus welcher Familie im Dorf ein Mensch stammt. Das erkennt man nicht am Inhalt, den jemand spricht, sondern an der einen oder anderen Nuance bei diesem oder jenem leicht anders gefärbten, gehauchten, verschluckten oder gedehnten Vokal oder Konsonant.

Zum Beispiel Floria damals, sie sagte zum Abschied: «A Gruaß an allna», das war ihr Alleinstellungsmerkmal, so wirksam, dass es unsere Kinder in unseren Familiendialekt übernommen haben.

Also, a Gruaß an allna,