Wenn es «schmetterlingelt»

Bei Robert Walser steht in einer seiner kleinen Geschichten einmal, wie es um ihn herum frühlingele, ein wundersames Wort für ein begeisterndes Geschehen und gleichzeitig eine augenzwinkernde, bescheidene Worterfindung diese zarten und liebevollen Sprachteilnehmers Walser.

Heute sah ich an einer vom Herbstlicht gerwärmten Backsteinwand in einem Meer von gleichen Blumen drei Schmetterlinge spielen. Spielen? Irgendwie schon, doch ob das ein Spielen war oder etwas ganz anderes, konnte ich rausbekommen. Sie flatterten, nein schmetterlingelten eben, tanzten umeinander herum, aber ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass es ein Tanzen war. Wenn sich einer von ihnen für den Bruchteil einer Sekunde auf eine der Blüten setzte, versuchten es die anderen auch, doch fast nie kamen alle drei gleichzeitig auf einer der vielen Blüten zur Ruhe, was sie anscheinend versuchten, keiner hielt es länger aus als einen Augenblick aus und wenn sich der andere hinsetzte, war der, der eben noch saß, wieder in Bewegung. So schien es mir, als könnten diese Schmetterlinge etwas nicht, nämlich ruhig auf eine Blüte fliegen und absitzen.

Diese Annahme beruht möglicherweise auf einem falschen Zeitbegriff von mir, mit dem ich bei diesen geheimnisvollen Tieren nichts wahrnehmen, entdecken, beschreiben kann. Ihr «Spiel» geschieht in anderen Zeiten und Räumen, ihr «Tanz» ist nicht das, was wir sonst Tanz nennen. Was wir an Schmetterlingen mit unseren für sie zu langsamen Augen sehen, ist uns fremd, zwar freundlich und geheimnisvoll, doch unerklärlich. Ihr Leben ist ein ganz anderes, ein ganz ganz anderes, für unsere Sprache eine Überforderung.

So bin ich gut bedient, wenn ich meine Vorstellungen zurückhalte. Ein Anfang in dieser Richtung wäre die Schöpfung neuer Worte, um etwas in Augenschein zu nehmen und mit einem Namen zu versehen, das sich der Sprache, unserer Sprache sonst entzieht. Lassen wir diese Lichtspuren im All nicht mehr länger flattern, spielen oder tanzen, sondern, um, wie Robert Walser, einen bescheidenen Anfang zu machen – lassen wir sie schmetterlingeln.

Herzlich