Muss man Brecht kennen?

Wir haben hier in Kassel einen Biomarkt Bracht! Aber Brecht? Muss man den kennen?! Bald werden die meisten Deutschen ihn nicht mehr kennen. So ist der Gang der Geschichte. Vanitas, auch da, wo einmal Glamour und Publicity waren.

Vor 70 Jahren, als Bertolt Brecht einen „Offenen Brief an die deutschen Künstler und Schriftsteller“ verfasste, war das noch anders. Der Brief erschien auf Zeitungstitelseiten und wurde als Flugblatt dem Nachbarn über den Gartenzaun oder der Nebensitzerin in der U-Bahn in die Hand gedrückt.

Brecht agitierte darin früh gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands. Das hörten die Menschen damals noch. Und sein Bild in diesem Brief: „Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten“, dieses Bild war keine intellektuelle Belehrung, sondern Blutwallung in denen, die den Zweiten Weltkrieg in Deutschland überlebt hatten.

Brecht hatte es gut, könnten wir heute sagen, zu seiner Zeit war Deutschland noch nicht wieder militarisiert. Heute ist das alles, sagen wir Zeitgenossen gern so schnell, schwieriger. Immerhin, der Deutschlandfunk sagte in seiner Erinnerung an Brechts Aufruf, die Warnungen, die Brecht formuliert habe, seien zeitlos, also gehen sie uns genauso etwas an wie damals ihn und seine Zeitgenossen und Zeitgenossinnen.

Was das heißt, kann nur jemand in den Wind schlagen, der oder die nicht nur nichts mehr fühlen, sondern auch nicht mehr denken kann.