Der Abgesang der Pyrrhotechnik

Mit den Neujahrsböllern war es diesmal beim Übergang ins neue Jahr wie es mit den Bankkonten schon immer ist: meine Nachbarn, Frau und Herr Normalverbraucher, haben immer ein bisschen mehr auf der hohen Kante als ich leichtgläubig anzunehmen bereit bin.

Was die Konten betrifft, bekenne ich, dass ich doch recht froh bin, nicht so genau zu wissen, wer wieviel auf der so genannten hohen Kante hat, doch was für Mengen gebunkerter Feuerwerkskörper in ziemlich ungefähr allen Haushalten rund um mich herum beim Umkippen des Uhrzeigers vom alten ins neue Jahr hörbar und sichtbar und riechbar wurden, wo doch das Einkaufen von Böllern verboten worden war, hat zwar nicht wirklich meine Erwartungen unterminiert, doch es hat mich dennoch etwas in Erstaunen versetzt. Ob ihn Hamburg, München, am Ufer des Bodensees oder irgendwo auf dem Land, es war überall die gleiche Szenerie: An jeder Straßenkreuzung, in jedem Garten, überall wo zwei oder drei Menschen im Geiste des Explosionszeitalters zusammenstanden, knallte und explodierte es aufs Fröhlichste.

Nicht zu verkennen war dabei, dass vor Mitternacht wenig, viel weniger als die Jahre davor, los war, das fand ich geradezu entzückend. Und als der schreckliche Böllerlärm schon fünf Minuten nachdem das neue Jahr begonnen hatte, zum Erliegen kam, machte sich in mir seit langem wieder so etwas wie Hoffnung und Glaube bemerkbar. Ja, ich bin von Menschen umzingelt, doch ich glaube an sie und habe Hoffnung. Irgendwo zwischen allen diesen Bunkern, wo jeder seinen ganz persönlichen Wahnsinn lagert, gibt es anscheinend zunehmend auch so etwas wie eine höhere Vernunft zwischen uns und in allen einzelnen von uns.

Als ich dann im Radio hörte, dass an vielen Orten über 90% weniger Pyrrhotechnik zur Explosion gebracht wurde als im Vorjahr, da freute sich mein Herz, denn es wusste, dass sich auch die Tiere und alten Menschen und kleinen Babies gefreut hatten, ob sie nun die Veränderung zum Vorjahr in Prozenten hätten angeben können oder ob sie ‹nur› ein gutes Bauchgefühl bei der Sache hatten.

Herzlich und ein gutes Jahr 2022