Archiv der Kategorie: Blog

Kirchenkriecher

Er war Atheist, nicht etwa nur so ein Mensch, der zurückhaltend höflich der Kirche fernsteht, sondern einer, der sie bekämpft und für gefährlich hält, weil sie die Menschen deformiere und unfrei mache. Der schönste Buchstabenverdreher, der ihm im Leben sogar mehr als einmal untergekommen ist, ist ‹Kriche› statt ‹Kirche›. In dieser Sinnentstellung ist für ihn Kirchenkriecher weiterlesen

Mehr Demokratie

Am Gartentor beim Hinaustreten auf den Gehweg ruft jemand von der anderen Straßenseite meinen Namen. Ich hätte ihn nicht gekannt, obwohl wir uns schon oft gegrüßt haben und ich ihn sonst auf diese Distanz durchaus erkannte. Doch jetzt, als ich auf seinen Ruf hin aufschaute, sah ich, wer er war und sah auch weshalb ich ihn nicht wie sonst gleich erkannt hatte. Mehr Demokratie weiterlesen

Vogelperspektive?

Wieder so ein unverfänglicher Begriff voller Unbegrifflichkeit: Mit ‹Vogelperspektive› meinen wir so etwas wie eine Metaebene der Gedanken. Dort Froschperspektive mit Blick von ganz unten, und hier eben das Gegenteil davon, die Vogelperspektive, der Blick der Kraniche oder Mauersegler weit über der Erde. Kraniche fliegen ja bekanntlich über den Himalaya Vogelperspektive? weiterlesen

Groß wie die Stille

Die Sonne drang zwischen den Bäumen hindurch und an manchen Stellen auf der Wasseroberfläche des von Grün umstellten kleinen Sees gab es größere Lichtpartien, auf denen sich wärmende Sonnenstrahlen zu ganzen Nestern wohlig warmen Lichts zusammenfanden. Wir saßen ohne Worte nebeneinander auf einer Holzbank, deren Sitz- Rückenlehnenenden mit stabilen Flacheisen Groß wie die Stille weiterlesen

Obenauf

Beim Gießen des heißen Teewassers über die teilweise leicht eingerollten Blätter meines koreanischen Grüntees fiel mir auf, wie die meisten Blätter auf den Boden sanken, sobals sie sich mit der Nässe sattgesogen hatten, während andere obenauf blieben. Durch verschiedene Schwenktechniken probierte ich, ob es möglich wäre, alle Blätter unter die Wasseroberfläche zu bekommen. Gelang aber nicht, gleich wie geschickt ich es auch versuchte. Obenauf weiterlesen

Übereinander gestapelt

Heute habe ich, gar nicht mal um Zeit zu sparen, sondern aus Spaß, mehrere Sachen gleichzeitig gemacht. Ich stellte mich in den Garten vor die dunkelroten Pfingstrosen, die kurz vor dem Aufplatzen sind, und schüttelte minutenlang von der Zehe bis zum Scheitel meinen Körper (Traumaschütteln). Währenddessen machte ich eine Atmeübung nach Thich Nhat Hanh und übte mich darüberhinaus parallel dazu im Selbstbeobachten meiner Gedanken und versuchte Übereinander gestapelt weiterlesen

Vanitas

Die Zeit kennenlernen, indem wir die Zeit, die wir vor allem zu nutzen gelernt haben, vertun! Das ist ein großartiges und groß angelegtes Projekt. Nur indem wir sie vertun, werden wir der Zeit überhaupt erst wieder angesichtig. Nur durch ein unzeitgemäßes Verhalten werden wir zeitgemäß. Denn das Projekt ist voll ingang. Vanitas weiterlesen

Augen auf unscharf

Auf einer schwarz weißen Postkarte liegt links im Bild ein kleines Kind gemütlich auf dem Boden und betrachtet einen kleinen Igel, der im rechten Bild zu sehen ist. Er steht still, zeigt ein riesiges Stachelkleid (eine Art Igel-Kindchenschema) und man sieht sowohl seine zarten Füßchen als auch sein spitzes Gesicht und die Augen. Der Igel ist zutraulich, das Kind, ein Mädchen, lag vermutlich schon so lange in dieser gemütlichen Position ohne sich zu bewegen, dass das Igelgesicht mutig unter den Stacheln hervorschauen kann, ohne sich über irgendwas zu fürchten. Augen auf unscharf weiterlesen

Ja, ja, dieser Journalismus

Noch hundert Jahre Zeitungen und die Sprache sei tot, meinte Nietzsche vor über hundert Jahren. Hat er recht gehabt? Ja, ja, irgendwie schon, aber, ne, ne, ne. ne, so ganz dann auch nicht. Er hatte ja auch lautstark verkündert, Gott sei tot. Wer ganz sicher inzwischen tot ist, das ist Nietzsche. Also, bitte, Friedrich, nimm das Maul nicht zu voll. Ja, ja, dieser Journalismus weiterlesen